Dienstag, 5. August 2008
Kapitalismus und Musik

Die Einstufung der Musik durch deren Verkaufszahlen, also Chartposition, befähigt einen nicht etwas über den qualitativen Stellenwert dieser Musik zu sagen. Die kapitalistische Weltordnung, die auch nicht vor der Musikindustrie halt machte, postuliert damit ihre eigene Liste von Geschmack. Dieser Geschmack baut sich auf der Tatsache auf, es würde gut sein, was viele hören wollen, und damit auch kaufen. Es wird eine unsichtbare Jury aufgestellt, in Form von MTV und VIVA zum Beispiel im Fernsehen vertretten, die sich auf dem Kollektiv stützt, und gleichzeitig dieses schafft.

Die wiederauftretende Rhytmen und Remixes zeigen, dass sich dar Geschmack des Kollektivs noch immer auf dem Erkennbaren und damit für die meisten Schönen stützt. Leichte Musikkost wird zum Olymp erkoren, für die Massen gut verarbeitbar und gut hörbar in ihrem lauen Leben, wo sie nie ernst werden. Es ist der trügerische Glaube, wenn man mit dem Strom fließt, würden ja alle irgendwann wo ankommen. Sie bemerken nicht, dass dieser Strom in Wahrheit ein Strudel ist, in dem sie nur die Sklaven ihrer Gewohnheiten werden. Selbst der Drang anders zu sein, in dem sie ihre eigene Individualität herauskehren wollen, macht sie in dieser Hinsicht gleich, zu Schafen, die glauben sie seinen Schwarze, die sich aber nur ein paar Strähnen gefärbt haben.

Progressive neue Musik zu machen, und diese zu hören, wird als Flucht vor der eigenen Mittelmäßigkeit genutzt. In Wahrheit ist es nur ein Versuch, der nicht gelingen wird, so lange man es nur versucht. Der einzige Ausweg aus seiner eigenen Mittelmäßigkeit etwas Konstruktives zu machen, ist diese zu erkennen und sich seiner Scheinheiligkeit, man sei ja etwas besonderes usw., ebenfalls zu entledigen.

Es gibt da den Gedanken es müsse keine neue Musik mehr gemacht werden, der sich gar nicht mit dem kapitalistischen Gedankengut vereinigen lässt. Man bräuchte keine neue Musik, denn wurde schon so viel geschaffen, was man als gut finden kann, nur dass man es gar nicht kennt. Also läge in der Vergangenheit und deren Ausschöpfung eine Strategie. Doch damit lässt sich keine immensen Chart-Hits rausschlagen, weshalb dieses unsichtbare Gremium aus Meinungsmachern und Cool-ness-Richtern weiter ihren Dienst tun wird, um bestimmte neue Musik als hipp und cool zu bestempeln. Diese Jury ist in allen Stilrichtungen vertretten, denn gibt es in allen Musikrichtungen diese Tendenzen etwas zu glorifizieren. Wenn keine neue Musik mehr gemacht werden würde, bräuchte man keine aktuellen Chartplatzierungen, denn müsste man sich um die Sortierung des eigenen Musikgeschmacks und des objektivierbaren Musikgeschmack der Vergangenheit Gedanken machen. Bis es irgendwann so sein wird, werden wir nicht verschont bleiben von wiederkehrenden Musikschnippseln, die aufbearbeitet zu Tisch gesetzt werden, und wir uns eigentlich Fragen, ob wir gerade gekotzt haben.

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